VHS-Schätze

Gleich vorweg: Ich habe nicht vor, jede in Deutschland erschienene Videokassette haarklein auseinander zu klabüstern. Zum einen bietet Duckfilm eine wirklich gute Übersicht aller Objekte an, wenngleich die Infos über die darauf enthaltenen deutschen Fassungen eher sporadisch und auch etwas schwer zu lesen sind. Zum anderen würden sich meine Infos mit den bereits vorhandenen Seiten zu sehr überschneiden. Eine geplante Gesamtübersicht würde das Ganze am Ende sowieso obsolet machen. Außerdem denke ich, dass die Schnittmenge derer, die sich heute noch für die inzwischen schwer zu bekommenden Alt-Medien auf die Lauer lägen, wohl ziemlich gering ausfallen dürfte.

Somit bietet diese Seite eher eine Übersicht über generelle Anekdoten der VHS-Zeit, besonders exquisite Fundstücke, Kuriositäten und anderes Erwähnenswertes. Wie alle anderen Seiten, so wird auch diese gelegentlich erweitert und ergänzt. Viel Spaß damit.


Historie

Lässt man den eher marginalen Handel klassischer Filmrollen außer Acht - dazu zähle ich auch das Super8-Format - so begann der eigentliche Aufstieg des Verleih- und Heimkino-Marktes kurz vor Beginn der 80er Jahre. Disney war die Entwicklung zunächst suspekt, fürchtete der Konzern doch um die bislang lukrativen Wiederveröffentlichungen seiner Klassiker. Auch das Thema Raubkopie stand schon im Raum, als es für den Normalbürger noch lange keine technischen Möglichkeiten hierfür gab. Die rasche Umorientierung der Konkurrenz zwang den damaligen CEO Ron Miller jedoch zu handeln und der sah sich alsbald mit einer Bandbreite verschiedenster Innovationen konfrontiert, die es so schnell wie möglich zu sichten galt. Abwarten, bis sich eines der Formate durchsetzte, konnten sich weder Disney noch andere erlauben.

Da war MCA 1978 mit seinem zukunftsträchtigen Digital-Silberling DiscoVision am Start, der sich später LaserDisc nennen sollte und die Größe einer Vinyl-Schallplatte hatte. Ein analoges Disc-System, bereits seit 1964 in der Entwicklung, warf RCA zwei Jahre später, 1981 ins Rennen und war aufgrund dessen bereits eine Todgeburt. Die erste Capacitance Electronic Disc (CED), so der Name, bot übrigens den Peanuts- Kinotrickfilm Race for Your Life, Charlie Brown an. RCA gab dem Format den Markennamen SelectaVision.

   

Und dann quälte sich aus drei unterschiedlichen Lagern auch noch ein Magnetband-System nach vorne, das sich weniger durch besonders gute Bildqualität als durch kostengünstige Herstellung hervor tat: Betamax (Sony, 1975), das Video-Home-System, kurz VHS (JVC, 1976) und als letztes Video2000 (Grundig & Philips, 1979). Dass sich hier die VHS am Ende durchsetzte, hatte zwei Gründe. Punkt 1: Sony verkaufte als eigentlicher Entwickler das Patent leichtfertig an JVC, die dieses dann quasi für jeden Kassetten-Hersteller zugänglich machte. Sony tat so etwas anschließend nie wieder (siehe Playstation und die BluRay). Video2000 wiederum war als Weiterentwicklung von Philips erstem VCR-System nicht mit den ersten Geräten kompatibel und obendrein zu teuer in der Anschaffung. Das "europäische" Videoformat erreichte die USA sozusagen gar nicht erst. Um es kurz zu machen: VHS siegte als qualitativ schlechtestes System durch ein schnell anwachsendes Filmangebot, gute Benutzerfreundlichkeit und verhältnismäßig geringe Anschaffungskosten. Während sich die LaserDisc vor allem in Japan noch einige Jahre halten konnte, verdrängte VHS in der westlichen Welt alle anderen Anbieter in Windeseile.

Disney startete seine VHS-Offensive am 4. März 1980 mit insgesamt 13 ausgesuchten Filmen und Cartoonkompilationen, darunter Käfer Herby, Nemos Nautilus und die Hexe mit ihrem fliegenden Bett. Als offiziell erste Kassette gilt heute Schmunzelmonster Eliott; ein abendfüllender Voll-Trickklassiker war noch nicht dabei. Disney vertrieb diesen ersten Schwung ausschließlich über Fotomat, sogenannte Retailer-Shops, die in der Nähe von großen Einkaufszentren zu finden waren.

Bis 1982 stieg die Beliebtheit der zu leihenden Disney-Filme derart an, dass Disney Dumbo, Alice im Wunderland und Robin Hood zum Direktverkauf in allen Einzelhandelsgeschäften herausbrachte. Parallel dazu schossen Verleih-Shops wie Pilze aus dem Boden. 1985 kam Pinocchio als erster großer Klassiker auf den Markt und war bis dahin die meistverkaufte VHS-Kassette überhaupt. Dies wurde bald von anderen Titeln übertroffen. Disney hält bis heute, und damit auf ewig, den Rekord auf acht der zehn meistverkauften VHS-Kassetten aller Zeiten. Der König der Löwen ist mit 32 Millionen verkauften Exemplaren die absolute Nummer 1. Natürlich bestätigten sich schlussendlich die anfänglichen Ängste Disneys: der Erfolg WAR der Todesstoß für die 7-jährige Wiederaufführungsschleife der alten Klassiker im Kino.


Deutschland

Die Verbreitung der VHS hat sich in Europa und damit auch Deutschland entsprechend parallel vollzogen. Für die inhaltliche Überwachung der Kassetten zeichneten sich die Bavaria Studios in Grünwald nahe München verantwortlich, genauer gesagt die Fernsehstudio München Atelierbetriebs GmbH, welche ab 1966 die bayerische "Zweigstelle" des ZDF beherbergte, welche mit ca. 25% an der Bavaria beteiligt war und ist. Ein Jahr zuvor hatte das ZDF die Ausstrahlungsrechte der ARD übernommen und behielt diese exakt 30 Jahre (bis 1995). Dies scheint mir ein wichtiger Punkt bei der Frage der Herkunft nach einigen Synchronfassungen auf den Kassetten zu sein. Wenn es sich hier NICHT um klassische Kinofassungen handelte (die eventuell Disney selbst aus seinem Fundus beisteuerte), so ist davon auszugehen, dass diese vom ZDF selbst in Auftrag gegeben wurden, weniger direkt für ein VHS-Release als für eine Ausstrahlung im deutschen TV.

In Punkto Kino ist dies natürlich nur eine grobe Abschätzung, denn die Aufführungen fanden vor, während und nach der rechtlichen Übernahme des ZDF statt und man kann nicht einmal vermuten, inwieweit das dort gezeigte Material überhaupt in Verbindung zu irgendeinem Fernsehsender bzw. einer bestimmten Ausstrahlung stand (ohne fundierte Quellen). Auf VHS dagegen dürfte eine alte ADR-Fassung aufgrund der Rechtslage zwischen den Fernsehanstalten hier nicht zu vermuten sein. Die Tatsache, dass ganze Disneyland-Shows, bei der ARD mit Herbert Stass als Walt Disney synchronisiert, später eine Neusynchro erfuhren, diesmal mit Friedrich Schoenfelder als Walt, belegen, dass ein Austausch von Synchronmaterial hier wohl nicht statt fand.

Grobes Statement zum groben Inhalt

Ich möchte es einmal so ausdrücken: Es gibt hier eine frappierende Ähnlichkeit zum Werdegang der deutschen Cartoon Kinofilme. Mit anfänglich eher wackelig produzierten Veröffentlichungen, die massiv mit O-Ton Fassungen durchzogen waren über qualitativ hervorragende Inhalte zu lieblos und geizig Bemessenem gegen Ende der VHS-Jahre sind die Parallelen unübersehbar. Auch im Vergleich mit Veröffentlichungen anderer Länder trifft dieser Punkt zu, mit dem Unterschied, dass zumindest die Covergestaltung der Kassetten über die Grenzen hinweg dieselbe war, während die Inhalte wieder teilweise bis komplett voneinander abwichen. Und wieder kann man sich fragen, wieso nicht ein identischer Inhalt in allen Ländern gleichsam angeboten wurde. Ich muss die Mutmaßungen dazu hier nicht wiederholen, aber was auf den deutschen VHS-Kassetten schließlich landete, ist ein noch größeres Verwirrspiel als das der Kinofilme. Aber damit noch nicht genug: Es gibt Beweise, dass selbst innerhalb Deutschlands Veröffentlichungen mit einheitlichem Cover bei einer Zweitauflage abweichende Inhalte aufwiesen. Dies ist im Vergleich meiner eigenen Sammlung zu der von Richard Jebe von Duckfilm zutage gefördert worden, nachdem mir bereits im Vorfeld einige Unstimmigkeiten auffielen. Nun hat auch meine Sammelleidenschaft ihre Grenzen und ich bin nicht gewillt, zum fünften Mal bei Ebay ein und dieselbe alte Leih-VHS zu ersteigern in der Hoffnung, darauf etwas zu finden, was auf den anderen vieren nicht drauf gewesen ist. Da hoffe ich vielmehr auf Informationen anderer Sammler, die mich dabei eventuell unterstützen könn(t)en.


Die Top-Vier

Viele Leih- und Kaufkassetten der frühen 80er Jahre, das hat sich inzwischen gezeigt, beinhalten, zum Teil komplett, zum Teil gekürzt, abgespeckt und verändert, Kinokompilationen, eher selten auch Auszüge aus Fernsehshows. Diese habe ich bereits auf den entsprechenden Seiten zu den Filmen und TV-Sendungen erwähnt und selbstredend sind diese Ausgaben ein Muss für Sammler. Andere Ausgaben sind durchzogen von O-Ton Kandidaten mit nur wenigen Synchron-Glanzstücken. Die vier hier vorgestellten VHS beherbergen dagegen nicht nur tolle deutsche Bearbeitungen, sondern auch zum größten Teil Material, dessen Herkunft bislang noch völlig unbekannt ist und darum für mich einen besonderen Schatz darstellt. Es handelt sich hierbei um die letzten vier "klassischen" VHS der 80er Jahre, bevor die Neusynchro-Phase zuschlug. Chronologisch nicht ganz korrekt betrachtet könnte man sie somit einordnen in die Lücke zwischen der letzten Kinokompilation und der deutschen Vertriebsübernahme von Warner im Kino- und Videomarkt.

Schon irgendwie seltsam ... während die Kinofilme der 20th Century Fox immer schludriger wurden, erlebte die VHS Landschaft kurzfristig einen qualitativen Aufschwung. Keine Ahnung, wie das alles zusammen passt, aber es ist interessant.

Die drei kleinen Schweinchen
und der böse Wolf
(1984)

Inhalt:

- Polar Trappers (1938)
- The Big Bad Wolf (1934)
- Donald's Double Trouble (1946)
- The Little House (1952)
- Donald Duck and the Gorilla (1944)
- Who killed Cock Robin? (1935)
- The Truth about Mother Goose (1957)

Auf dieser Kassette sind fast durchgehend nur echte Leckerbissen zu entdecken. In Polar Trappers spricht und singt Wolfgang Völz auf Goofy zur Abwechslung mal hörbar angenehm (was bei ihm nicht immer der Fall war). In The Big Bad Wolf erklingt Wolfgang Kühne auf den pelzigen Isegrim, während Janina Richter ein süßes Rotkäppchen abgibt. Donald's Double Trouble ist dann die Kinofassung mit Bruno W. Pantel als Donalds Kontrahent und Ingeborg Wellmann als Daisy. Über die deutsche Fassung von Cock Robin kann man geteilter Meinung sein, ich finde da die Neusynchro etwas besser, allein schon wegen des eingedeutschten Gesanges - und die Gorilla-Story mit Donald verblieb gleich ganz im O-Ton.

Das Herzstück dieser Ausgabe sind jedoch die Cartoons The Little House und The Truth about Mother Goose, beide vorgetragen von Harry Wüstenhagen als typisch verschmitzter Erzähler. Wenn leider auch nicht der Gesang in Mother Goose... verdeutscht wurde, so ist es trotzdem ein Genuss, hier Harrys Erzählung zu lauschen. Bis heute gab und gibt es diesen Cartoon mit knapp einer Viertelstunde Spielzeit nirgendwo sonst zu sehen, kaufen oder streamen. Es ist fraglich, ob er während der Neusynchronphase jemals bearbeitet wurde. The Little House war immerhin in den 90ern innerhalb der Reihe Abenteuer mit Micky und Donald (SuperRTL) zu sehen, hier natürlich neu synchronisiert mit Roland Hemmo.

Donald Superstar & Co
(1986)

Inhalt:

- Let's stick together (1952)
- Pigs is Pigs (1954)
- Social Lion (1954)
- Trick or Treat (1952)
- Susie, the little blue Coupe (1952)
- Rugged Bear (1953)
- R'coon Dawg (1951)
- Donald's Ostrich (1937)
- Goliath II (1960)
- The Story of Anyburgh USA (1957)

Diese VHS ist für mich das absolute Glanzstück aller Ausgaben. Angefangen mit Donald's Ostrich, wo aus dem Radio die Stimmen von Gerd Holtenau, Uwe Paulsen und Gisela Fritsch erklingen, über R'Coon Dawg mit Arnold Maquis als Erzähler zu Trick or Treat mit Alice Treff als Hexe Hazel ist jeder Cartoon hier einfach nur ein Genuss. Die leider gekürzte Kinofassung von Social Lion mit Martin Hirthe (und anderen) ist hier ebenso vertreten wie das Kinoglanzstück Goliath II mit Hans Hessling oder Rugged Bear mit Heinz Petruo in den Erzählerrollen. Hugo Schrader tritt im Cartoon Let's stick together als Biene Spike auf, während noch einmal Herr Marquis wohlklingend die Geschichte des kleinen Autos Susie zum Besten gibt. Harry Wüstenhagen ist in kleineren Rollen insgesamt fünf mal vertreten.

Glanzstück Nummer 1 auf dieser VHS ist Pigs is Pigs, die Geschichte eines Bahnhofsvorstehers, der die Herausgabe zweier Meerschweinchen verweigert, da der geizige Schotte McMorehouse die Frachtgebühren nicht zahlen will. Der Vermehrungswut der kleinen Nager ist der Naivling bald nicht mehr gewachsen. Die Fassung mit Hugo Schrader als Flannery, einem herrlichen Gerd Martienzen in der Rolle des Schotten, Joachim Cadenbach als Off-Stimme und deutschem Gesang ist so hochwertig, dass ich hier fast von einer Kinobearbeitung ausgehen möchte. Forschungen dahingehend verliefen allerdings bislang im Sande. Auch TV-technisch ist nichts zu finden, da der Cartoon nie in einer klassischen Disneyland-Folge zu sehen war. SuperRTL zeigte das Kleinod in den 90er Jahren innerhalb der Reihe Abenteuer mit Micky und Donald, wahrscheinlich in einer Neufassung.

Übertroffen wird das alles jedoch noch von The Story of Anyburgh USA. Inhalt: In Anyburg vermehren sich die Autounfälle, bis den Einwohnern schließlich der Kragen platzt und die Autos selbst vor den Richter gezerrt werden. Eduard Wandrey mimt den Richter und Friedrich Schoenfelder den Verteidiger. In kleineren Rollen sind auch hier Gerd Martienzen und Harry Wüstenhagen zu hören. Doch das Highlight und ein guter Grund, sich das Ding zu besorgen, ist ohne Frage Erich Fiedler, der als aggressiver Staatsanwalt alles aus seiner Stimme rausgeholt hat. Doch damit nicht genug; in zwei weiteren Kleinrollen erklingt Curt Ackermann, ein Klassiker der deutschen Synchrongeschichte, vielen noch bekannt u.a. als DIE Standardstimme von Cary Grant. Kurioserweise ist der Mann in Disneys Filmen niemals sonst in Erscheinung getreten.

Die letzten zwei Sprecher setzen dem Ganzen dann die Krone auf. Neben Rainer Brandt ist als Off-Stimme Karlheinz Brunnemann zu hören. Da erübrigt sich weniger die Frage, wer hier für Buch und Regie zuständig war, als wann und wo dieses Kalauer-Duo überhaupt einmal für Disney-Material zuständig gewesen ist. Auch hier ist ein Kino- wie TV-Einsatz nicht auszumachen. Die Vermutung liegt nahe, dass die Synchro in die Zeit der Deutschen Verkehrswacht fällt, welche thematisch verwandte Streifen auf 16mm, später auch auf VHS heraus brachte (siehe auch Motor Mania auf der RKO-Seite). Damals trug der Cartoon den Titel Stadt der verwunschenen Autos ... und das wiederum lässt vermuten, dass Brandt & Brunnemann für dieses Bundle auch noch anderes Material verdeutschten.

Donald macht nie Pause
(1986)

Inhalt:

- Crazy with the Heat (1947)
- Lambert the sheepish Lion (1952)
- Drip Dippy Donald (1948)
- The Pelican and the Snipe (1944)
- Grin and Bear it (1954)
- The Fox Hunt (1938)
- The Greener Yard (1949)
- Mr. Mouse takes a Trip (1940)
- Paul Bunyan (1958)

Auch auf dem nächsten Antiquariat jagt ein Bonbon das nächste, wenn auch mit einem kleinen Abstrich: Drip Dippy Donald hat hier nicht die alte Kinosynchro mit Arnold Marquis und Martin Hirthe anzubieten, sondern eine neuere Bearbeitung u.a. mit Lothar Köster. Die Rollen sind jedoch so klein, das man das verschmerzen kann. Selbes gilt für The Fox Hunt, in dem Jürgen Kluckert auf Goofy zu hören ist. Crazy with the Heat ist dann die von mir auf 1967 datierte Kinofassung mit Gerd Duwner (Goofy) und Benno Hoffmann als fieser Araber. Grin and Bear it ist ein kurioses Einzelstück mit Andreas Hanft auf Ranger Woodlore. Der Mann, vielen Kindern als Polizeipräsident in Benjamin Blümchen und Bibi Blocksberg Hörspielen bekannt, hatte später noch ein paar kleinere Rollen in DuckTales zu sprechen, trat aber ansonsten bei Disney kaum in Erscheinung. In The Greener Yard ist Hermann Wagner auf den alten Käfer zu hören (mehr dazu gleich). Mr. Mouse takes a Trip beinhaltet dann Wilfried Herbst als Micky und Karl Schulz auf Kater Karlo.

Glanzstücke: Neben der von mir bereits bis auf die Knochen sezierten Alfred Balthoff Fassung von Lambert the sheepish Lion findet sich hier das Featurette Paul Bunyan in seiner wohl ersten deutschen Synchronfassung - und wahrscheinlich auch für diese VHS explizit bearbeitet. In einem leicht an die UPA erinnernden Zeichenstil machte sich Disney hier über einen weiteren Volkshelden der USA her. Der deutsche Cast besteht aus kuriosen Einzelfällen wie z.B. Joachim Tennstedt, der damals die Warner-Maus Speedy Gonzales sprach. Auch Norbert Gescher war zu jener Zeit im Disney-Kanon ein noch unbeschriebenes Blatt, lange bevor er die letzte klassische Goofy-Offstimme wurde. Ich möchte dazu sagen, dass die ca. 10 Jahre jüngere Neusynchro auch ihren Reiz hat; der donnernden Stimme von Marlin Wick hatte Herr Hübner leider nicht viel entgegen zu setzen. Die VHS-Fassung hatte wiederum noch Gesang im O-Ton anzubieten, was in den 90ern hochwertig korrigiert wurde.

Rolle 80er (VHS) 90er (DVD)
Erzähler Norbert Gescher

Till Hagen

Paul Bunyan Marlin Wick Christian Hübner
Carl McNab - ? - Michael Pan
Chris Crosshaul Rüdiger Joswig - ? -
Shot Gunderson Friedrich G. Beckhaus Kaspar Eichel
Joe Muffaw Joachim Tennstedt Santiago Ziesmer

Das zweite Schmankerl kam einst aus Disneys "Reste-Kiste". Die Geschichte vom Spatz Video ("Viddy"), der seinem Kumpel, den schlafwandelnden Pelikan Monte, des Nachts vor Gefahren schützt, stammte aus Disneys Lateinamerika-Phase. Das Kleinod ist doppelt interessant, da er zum einen eine echte Saludos Amigos - Einleitung hat (bezogen auf Montevideo, Uruguay), zum anderen Kriegs-Szenen (z.B. Flugbomber) beinhaltet, die den Cartoon wohl auf die Giftschrank-Liste setzten und die Frage aufwirft, wie es das Ding überhaupt auf eine VHS geschafft hatte. Auch hier erzählt Norbert Gescher liebevoll die Geschichte, welche wohl so schnell nicht wieder zu sehen sein wird.

Donald total verliebt
(1987)

Inhalt:

Donald's Dilemma (1947)
Figaro and Cleo (1943)
Hooked Bear (1956)
The Brave Engineer (1950)
Timber (1941)
Chicken Little (1943)
Mother Pluto (1936)
Bootle Beetle (1947)
The Flying Squirrel (1954)
The Saga of Windwagon Smith (1961)

Info: Auf der Rückseite der VHS wird als letzter Cartoon How to be a Detective angegeben, der auf meiner Version allerdings gar nicht drauf ist. Evtl. gibt es eine Variante MIT diesem Cartoon.

Die letzte VHS hat neben Mother Pluto und The Flying Squirrel, wo sowieso nur Donald schnattert, leider einen weiteren O-Ton Kandidaten. Es gibt nicht einen Hinweis darauf, dass Timber vor der Neusynchronphase jemals verdeutscht wurde. Dieser hätte eigentlich Arnold Marquis als Kater Karlo anbieten müssen, welcher dafür in Donald's Dilemma als Psychiater auftritt. Diese alte Fassung mit Ingeborg Wellmann als Daisy lief bereits 1966 im deutschen Kino. Ebenfalls zu finden hier die Erich Kestin Fassung von Hooked Bear, welche 1968 im Kino eingesetzt wurde. Auch zu The Saga of Windwagon Smith habe ich hier bereits erschöpfend meinen Analyse-Senf abgegeben.

Eine ehemalige Kontinuität erkenne ich dann in Bootle Beetle, wo, wie auch schon im oben erwähnten The Greener Yard, erneut Hermann Wagner auf den alten Käfer zu hören ist. Selbes gilt für The Brave Engineer, wo Andreas Hanft nun zum zweiten Mal in dieser Übersicht erscheint. Dies könnte ein kleiner, feiner Kader sein, der explizit für eine VHS-Bearbeitung zusammen gestellt wurde. Dazu zähle ich auch Barbara Ratthey, die der putzwütigen Nanny in Figaro und Cleo ihre Stimme leiht. Beim braven Lokführer wurde wieder der Gesang nicht eingedeutscht, was in den 90ern (mit Roland Hemmo als Erzähler) passierte. Leider ist auch diese zweite Fassung bislang nur in der Sendung Disneys Desperados auf SuperRTL gezeigt worden und nie auf Kaufmedien erschienen.

Und dann wäre da noch Chicken Little! Bevor Disney mit Himmel und Huhn 2005 eine eher harmlose CGI-Version dieser Story veröffentlichte, erschien diese bereits über 60 Jahre zuvor in Cartoonform. Eine simpel anmutende Geschichte, die sich erst auf den zweiten Blick als Parabel auf Machtmissbrauch und Propaganda-Hetze entpuppt (was 1943 ganz klar auf Hitler und Goebbels gemünzt war), fand auf dieser VHS seinen Weg in die Videotheken Deutschlands. Neben Wolfgang Ziffer als Hühnchen und Alexander Herzog als Chefhahn führt Norbert Langer als Erzähler durch die nette Geschichte. Alleine wegen Norbert Langer ist diese alte Bearbeitung sehens- und erhaltenswert.

Info: Die Cartoons / Featurettes Goliath II, Paul Bunyan, Chicken Little und The Saga of Windwagon Smith sind allesamt innerhalb der DVD-Reihe Walt Disney Animation Collection zu finden, mit guten(!) Neusynchronisationen. Leider erfuhr auch Löwe Lambert hier eine nicht besonders umwerfende Neubearbeitung, nachdem die klassische Balthoff-Fassung bereits einige Male auf Kaufmedien erschienen war.


Alle Enten fertig ... los
(1984)

Inhalt:

- Cured Duck (1945)
- Spare the Rod (1954)
- The New Neighbor (1953)
- Slide Donald Slide (1949)
- Uncle Donald's Ants (1952)
- Fall Out - Fall In (1943)
- Bellboy Donald (1942)
- Officer Duck (1939)
- Straight Shooters (1947)
- The Trial of Donald Duck (1948)
- Sea Salts (1949)
- Self Control (1938)

Die letzte VHS, die ich als besonders lohnenswert erachte, hat eine kräftig bearbeitete Rahmenhandlung anzubieten, die aus der Disneylandshow Inside Donald Duck (1961) stammt. Primus v. Quak (Ludwig v. Drake) wurde dabei herrlich von Friedrich W. Bauschulte intoniert. Reine O-Ton Kandidaten gibt es auf der Kassette nur drei, wobei Uncle Donald's Ants eh nur Donalds Geschnatter beinhaltet. Bei Fall Out - Fall In spricht der Sergeant im Original, in Officer Duck leider wieder Kater Karlo (neben anderen Kleinrollen).

The new Neighbor ist dann auch schon ein Hauptgrund, sich dieses Kleinod zu besorgen. Der Cartoon ist wohl einer der "gebeuteltsten" im Disney-Kanon. Im Kino (Eine Ente wie Du und Ich) war er mit der Stimme Arnold Marquis' auf Karlo nur in Fragmenten zu sehen. Im TV-Special Zoff in Entenhausen wurde er ebenfalls nur zerstückelt angeboten, diesmal mit Wolfgang Kühne als Karlo. Und auf Disney+ war er der erste (von später vielen) Cartoons, der gleich im O-Ton belassen wurde - beschämend für einen der lustigsten Donald-Streifen. Nur hier kann man die Marquis-Fassung in voller Länge genießen.

Highlight 2 ist eine 80er Jahre Fassung von Spare the Rod mit Lothar Blumhagen im Off und Wolfgang Spier in der Rolle von Donalds Gewissen. Wegen der hier auftretenden Kannibalen gehört der Cartoon eigentlich zum Giftschrank-Sortiment Disneys. Neben der Kinofassung von 1963 war er dennoch auch in der Reihe Abenteuer mit Micky und Donald auf SuperRTL zu sehen, hier mit Lothar Mann und Klaus Jepsen. Drei Synchronfassungen, und jede von ihnen ist nicht mehr im regulären Umlauf, wie traurig.

Die Nummer drei bestreitet dann The Trial of Donald Duck. Neben Joachim Nottke (Richter) und Hermann Wagner (Verteidiger) glänzt hier Klaus Miedel als widerlicher Oberkellner, schon alleine deswegen, weil Miedel mit französischem Akzent immer wieder zu Höchstform auffuhr.

Weitere Sprecher im Überblick:

Cured Duck: Joachim Pukass (Maschine), Lutz Riedel ("neuer" Donald), Liane Rudolph (Daisy Duck)

Slide Donald Slide: Herbert-Günther Schmidtke & Gerd Duwner (Radiostimmen)

Bellboy Donald: Alexander Herzog (Kater Karlo), Hans-Jürgen Wolf (Junior), Christian Rode (Concierge)

Straight Shooters: Andreas Thiek (König Ramses)

Sea Salts: Biene Spike: (liegt mir auf der Zunge, aber ich komm nicht drauf)

Self Control: Joachim Pukass & Uwe Paulsen (Radiostimmen)