Verhaltensforscher schlagen Alarm. Sie haben in den letzten Jahren in Amerika ebenso wie in Deutschland einen starken Trend zum "Eskapismus" ausgemacht, zur Flucht vor der Wirklichkeit, einen Trend, der von den Filmen Walt Disneys stark geprägt sein könnte. Als eine Spielart gilt Soziologen die "Infantilisierung", der Wunsch Erwachsener nach kindlich-naivem Erleben der Welt - mit sauberen Helden wie Micky und den vielen anderen Disney-Figuren.

 

Hallo und herzlich willkommen beim Disney Synchron Archiv !

Über achtzig Jahre ist es jetzt her, dass Walter Elias Disney mit dem Aufbau einer eigenen Firma begonnen hatte, die bald alle Kinder dieser Erde ein Stück weit begleiten sollte. Disney schuf Zeit seines Leben ein Imperium, wie kein zweites auf dieser Welt existiert. Ein Imperium, dass von den Träumen und Sehnsüchten der Menschen zehrte und sie ihnen mit Tusche und Pinsel hundertfach wieder zurück gab. Jahrzehntelang konnte er einen fast schon monopolen Qualitätsstandard halten, an dem sich kein Konkurrent zu trauen wagte.

Mittlerweile ist ein neues Jahrtausend angebrochen. Don Bluth und Hollywoods zweitgrößter Träumer Steven Spielberg konnten dem Konzern während der großen Trickrenaissance der 90er Jahre ein wenig Konkurrenz machen, ernstzunehmende Gegner waren sie jedoch nicht. Auch der Vormarsch des japanischen Anime verläuft dank meist völlig anderer Inhalte auf ganz anderen Bahnen. Der größte Gegner des klassischen Trickfilms ist ein anderer. Die Computer haben sich in dem Genre breit gemacht, da die frühere Art, Zeichentrick zu produzieren, unbezahlbar geworden ist. Dieser Trend macht auch vor der Synchronisation der Filme nicht halt. Statt professioneller Sprecher setzt man neuerdings auf große Namen, welche die immer früher aufgeklärte Jugend in die Kinos locken soll. Ein Qualitätsverlust ist da ohne Frage vorprogrammiert. Und so bröckelt mit jedem neuen Film wieder und wieder ein Stückchen des Glanzes früherer Jahre ab und nur die Zeit kann zeigen ob der Zeichentrickfilm noch eine Chance hat.

Die Arbeit der Synchronsprecher, um die es natürlich zentral auf diesen Seiten geht, ist indes schon immer recht unbeachtet gewesen, obwohl sie gerade in Deutschland Großartiges vollbracht hat. Denn durch die nahe Verwandtschaft zur englischen Sprache konnten nahezu problemlos lippensynchrone Bearbeitungen entstehen, während in anderen Ländern, beispielsweise in Italien oder Spanien, die Sprecher mit ziemlicher Sicherheit viel herumpfuschen müssen um eine Synchronität herzustellen. In Dänemark beispielsweise arbeitet man auch heute noch häufig lieber mit Untertiteln. Viele deutsche Schauspieler hatten und haben sich durch langjähriges Synchronisieren eine wunderbare Routine erarbeitet, die den Schauspieler auf der Leinwand nicht selten zu einer besseren Glaubwürdigkeit verhilft als dessen eigene Stimme. Dabei haben sich viele Sprecher in die Ohren der Zuschauer/hörer "gefressen", so dass der Einstieg in die Thematik des Filmes unbewusst erleichtert wird, da einem die Stimmen bereits vertraut sind. Beim Zeichentrick wird diese Kunst nun noch einmal um ein Vielfaches gesteigert, denn da die Charaktere überspitzt in Szene gesetzt werden, müssen auch die Synchronsprecher mehr Können an den Tag legen als bei Realfilmen.

Eine der schlimmsten Nebeneffekte deutscher Synchronisation ist die Tatsache, das die ganzen Geschichte seine eigenen ... wie soll ich sagen ... Gesetzmäßigkeiten hat. So ist natürlich nie garantiert, dass ein bestimmter Schauspieler im nächsten Film immer noch dieselbe deutsche Stimme hat. Noch schlimmer ist es, wenn einem vertraute Filme plötzlich fremd erscheinen, weil diese einer Neusynchronisation unterzogen wurden. Gerade im heutigen DVD-Zeitalter muss dieses Verfahren des Öfteren angewendet werden, da Neuauflagen bekannter Filme mit neuen Szenen aus Archivmaterial aufgestockt werden.

Auch viele der älteren Disney-Klassiker wurden im Laufe der Jahre neu synchronisiert. Die Gründe dafür sind allerdings weniger das Dahinscheiden der Originalsprecher oder die schlechte Qualität des vorhandenen Materials. Vielmehr soll der Film einer Frischzellenkur unterworfen werden, um bei einer Wiederveröffentlichung werbewirksamer in Szene gesetzt zu werden. Dazu kommen rechtliche und andere behördliche Miseren. Krassestes Beispiel ist die Neubearbeitung von Arielle, die Meerjungfrau, der einzige Disney Film, der noch mit der alten Synchronisationsfassung in den Handel kam. Echten Fans blutet bei solchen Verfahrensweisen natürlich das Herz. Zum Vergleich hat der deutsche Dialogregisseur Heinrich Riethmüller in einem Interview einmal gesagt, das auch das Dschungelbuch kurz vor einer "Restaurierung" gestanden hat, man sich aber aufgrund der hohen Bekanntheit nicht an die Durchsetzung des Plans heran gewagt hatte.

Aus dem Grund legt das DSA sein Augenmerk speziell auch auf die alten Synchronisationen, und das aus gutem Grund. Denn diese Seiten sollen neben ihrem informativen Zweck auch den Blick auf eine Zeit lenken, in der Qualität noch sehr groß geschrieben wurde. Gerade in Deutschland, wo nicht alleine Disney, sondern das Comicwesen allgemein immer noch als Kinderkram gilt, wird auch gerne daran vorbei gesehen, dass vor allem die Klassiker der 30er bis 50er Jahre keine Zeichentrickfilme waren, sondern gezeichnete Spielfilme höchster Güte. Dem Disney-Konzern war für die Produktion jener Werke nichts zu teuer. Die besten Storys waren gerade gut genug, die Song-Kompositionen hatten Hitqualität und jeder der unzähligen Mitarbeiter, vom Rohzeichner bis zum Kameramann, war ein Experte auf seinem Gebiet. Ebenso wurde zu früheren Zeiten die Synchronisation der Filme gehandhabt. Die alten Synchos waren dem Original textlich näher, lyrisch tiefer und klanglich vollmundiger. Es wäre wirklich schade, wenn diese ersten Sprachversionen im Strudel der Zeit für immer verloren gehen würden.

Doch nun genug der trüben Worte und Hinein ins Vergnügen. Mir bleibt nichts anderes zu tun als Ihnen und vor allem Euch viel Spaß zu wünschen mit dem DSA. Macht Euch auf einige "Ahas", "Sieh ans" und "Ach nees" gefasst und taucht ein in die große Phantasiewelt Walt Disneys, für dessen Interesse sich niemand zu schämen braucht.

Holger Paulsen
- der Edi unter den Griegs -


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