Hollywood
im Wandel (Gedanken) |
Die historisch großen Talfahrten des Kinos waren immer begleitet von technischen Innovationen der jeweiligen Zeit. Vermeintlicher Todesstoß Nummer 1 war das Aufkommen der heimischen Glotze, der Hollywood mit Gigantomanie entgegen zu kommen versuchte. Durch Historiendramen, die mehr schillernde Namen als Handlung boten, verzettelten sich die großen Studios und gingen an ihren Werken nahezu bankrott. Das Ende waren Gesundschrumpfung, Übernahmen durch finanzstarke Trägerfirmen und der Übergang vom Selbstproduzenten zum geldgebenden Vertreiber (Distributor). Die Spätsechziger rückten innerhalb dieses Wandels dann die Hintermänner in den Vordergrund: Autoren, Regisseure, visionäre Produzenten. Die Kinolandschaft spaltete sich auf in intellektuellen Anspruch und schnell produzierten Trash. Die aus dem Untergrund aufbrodelnde Idee, alten Wein in neuen Hochglanzschläuchen gewinnbringend zu vermarkten, lieferte in den 80ern die Rettung aus der Misere. Die dafür in die cineastischen Geschichtsbücher eingegangenen Ikonen Spielberg und Lucas machten Kino so attraktiv wie seit den 40er Jahren nicht mehr und aus den ehemaligen Puschenkinos um die Ecke erwuchsen glitzernde Freizeitpaläste. Die nächste Technik-Innovation ließ da nicht lange auf sich warten. Die VHS, als Sieger dreier sich konkurrierender Analogband-Systeme, boomte zunächst in Verleihform vieler aus dem Boden sprießender Videotheken, später auch in kaufbarer Form in Fachgeschäften und Supermärkten. Videorecorder brachten dann zum ersten Mal das Thema Raubkopie auf den Tisch. Die CD, die DVD und der erschwingliche Heimcomputer der 90er waren für den Privatcineasten vielleicht nur ein technisches Update der analogen Ära - für die Industrie war's ein Bombengeschäft, das dem Kino den nächsten Nackenschlag versetzte. Die immer früheren Veröffentlichungen "kurz" nach Kinostart setzten vor allem kleineren Lichtspielhäusern zu, die noch nicht anderweitig gestorben waren. Die großen PleXXs, MaXXs, und UCIIs kompensier(t)en das mit ständig ansteigenden Ticketpreisen und (wie seit jeher) mit dem neuesten Shit der Technik, die ein Kinoerlebnis zu Recht vom heimischen Konsum positiv abgrenzen soll. Inzwischen ist aus dem Nerd-Internet der 90er eine Datenautobahn für jedermann mit oder ohne Führerschein geworden und legales Online-Watching wie illegales Download-Looking Teil unseres täglichen Lebens. Das neue Albtraum-Verb der Kinokonzerne ist Streaming. Obwohl noch in den Kinderschuhen und von vielen längst noch nicht als Alternative geschätzt, bringt es schon jetzt die Kinowelt erneut ins Wanken. Ganz im Sinne einer neuen Media-on-Demand Generation, die sich ihre Regale längst nicht mehr mit staubfangenden Datenträgern voll stopft (was früher noch "Sammeln" hieß), bieten Netflix & Co. vielleicht noch nicht die allumfassenden Archive, dafür u.a. Serienqualitäten, die Michael Knight und Angus MacGyver sich nie hätten träumen lassen, aber auch Katniss Everdeen und Captain Jack Sparrow weiche Knie bekommen lässt. Lässt sich das in den heutigen Popcorn-Moscheen immer noch mit 3D, Dolby Digital EX und gigantischen Computer-Spezialeffekten kompensieren? Scheinbar ja, denn die weltweiten Umsätze der großen Blockbuster knacken immer öfter die "traumhafte" Milliarden Dollar Grenze. Doch der Schein trügt. Nicht allein, dass das Geschwür des Kapitalismus inflationäre Horrorzahlen begünstigt, es unterdrückt auch auf unglaubliche Weise die Risikobereitschaft derjenigen, die das Geld in den Händen halten. Längst vorbei die Zeiten, als noch ein Walt Disney sein gesamtes Vermögen mit einem Traum riskierte. Längst vorbei, dass das New Hollywood Hoppers, Scorceses und Coppolas erlaubte, Visionen zu verwirklichen. Längst vorbei, dass Charaktere wie Luke Skywalkers, Dr. Jones oder Marty McFly auch noch den dicksten Spezialeffekt mit Charme überstrahlen konnten. Wir sind wieder Back To The Past mit gigantischen Materialschlachten und Nichts dahinter. Speziell die Ausschlachtung diversen Marvel- und DC-Materials kann man schon als geradezu inflationär betrachten. Dazu kommen Sequels, Prequels und Spin-Offs, Neuaufgüsse alter Filmklassiker und andere, risikolose Sell-Outs. In Zahlen: Das Verhältnis von "Filmoriginalen" gegenüber dem eben aufgezählten Sell-Out-Bereich lag 1977 bei 18:3, 1987 bei 19:2. (Analyse der 20 gewinnbringendsten Blockbuster des Jahres). 1997 stand es hier schon 15:5, 2007 rutschte der Wert auf klägliche 8:12 ab und 2017 langte es nur noch für ein 4:16. Die 4 "Originale" des Jahres 2017 sind neben Get Out und Dunkirk die beiden Animationsfilme Boss Baby und Coco. [Info: Dies ist nur eine grobe Klassifizierung, nicht jeder Film lässt sich so einfach in "schwarz & weiß" einteilen. Der Trend ist dennoch klar zu erkennen.] Nun bin ich kein Nostradamus und kann nicht den nächsten großen Kinocrash voraussehen. Doch was sich letztens in Hollywood abgespielt hat, zeigt auch ohne große Prognosen auf, dass die Zeichen auf Sturm stehen. Es ist der Disney Konzern, welcher im Medien-Wirtschaftskrieg eiskaltes Kalkül beweist, um seine Vormachtstellung zu sichern. Mit der Übernahme großer Teile von 20th Century Fox für ca. $60 Milliarden wurde vornehmlich eine Investition in den Streaming-Markt (Hulu) getätigt. Gleichzeitig wurden jedoch auch andere Bereiche aufgekauft, darunter große Teile des TV-Netzwerkes und natürlich der Filmkatalog. Nach vorangegangenen Verschmelzungen mit ABC und Pixar sowie diversen Aufkäufen (Muppets und Lucasfilm) dürfte Disney nun endgültig Mediengigant Nr. 1 in den USA geworden sein. Zudem konnte der 20Fox- Deal die Star Wars Rechte nun 100%ig unter Dach und Fach bringen und der Lizenzkatalog von Marvel noch mal um ein gutes Stück erweitert werden, um sich im erwähnten Superhelden-Ausverkauf gegen Warner Bros. (DC Comics) besser behaupten zu können. Disneys CEO Bob Iger, der eigentlich 2019 den Stuhl räumen sollte, verlängerte seinen Vertrag unlängst bis 2021.
Nun ist der sich stets weiter entwickelnde Streaming- und VoD-Markt nicht das Thema dieser Website. Hier geht es um Animationsfilme und damit die Frage, wie sich die Zukunft dieser Filmgattung gestalten wird ... und bei allem zusammen gekratztem Optimismus: die Zukunft ist düster. (1) Fangen wir selbstredend bei Disney selbst an. Einer der großen Beschlüsse John Lasseters war es vor Jahren, die Sequel-Filetierung Disneys alter Klassiker zu stoppen, nur um selbiges auf seine eigenen, sprich Pixars Werke zu übertragen. Coco war mit weltweiten 730$ Mio. ein Erfolg, doch von einem Klassiker kann man dieses Werk wohl nicht mehr bezeichnen. Nachdem der bei Fans wohl unbeliebtesten Franchise Cars 2017 ein dritter Teil hinzu gefügt wurde, erwartet den Kinogänger 2018 lediglich ein Nachfolger zu Die Unglaublichen; Toy Story 4 ist für 2019 angesetzt. Innovation sucht man hier vergeblich, auch wenn Lasseter dementiert:"A lot of people in the industry view us doing sequels as being for the business of it, but for us, it's pure passion." Disney indes hat sich dran gemacht, DOCH seine Klassiker weiter auszuschlachten, nun jedoch in Hochglanz-Realform und das mit beachtlichem Erfolg. Die Schöne und das Biest wurde mit einem Gewinn von weltweit über 1,2 $Mrd. zweiterfolgreichster Film des Jahres 2017 nach Star Wars: Der letzte Jedi. Die Hausmarken Marvel und Lucas versprechen (noch) Gewinne, die der Konzern mit Animation wohl kaum wird erreichen können, auch wenn Disneys letzter Hit Vaiana mit weltweiten $600 Mio. Umsatz wahrlich kein Flop war. Selbstredend geht der Reingewinn jedes Werkes, ob Disney oder Pixar, immer und ohne jeglichen Distributions-Wirrwarr in die eigenen Kassen. Doch auch hier erwarten den Fan bislang nur ein zweiter Teil von Ralph reicht's 2018 und der Eiskönigin ein Jahr später. Schauen wir uns noch an, was der Fox-Aufkauf lizenztechnisch bedeutet. Da wäre das Blue Sky Studio mit seinen Franchises um Ice Age und Rio, das 2017 mit Ferdinand trotz einer miesen Eröffnungswoche (dank Star Wars) über $280 Mio. weltweit einspielen konnte und für 2019/20 statt Sequels eine Spionagekomödie und ein Fantasystreifen ankündigt. Ob's bei Disney überhaupt noch dazu kommen wird, steht in den Sternen, da das Studio als Pixar-Schwester vermutlich arg beschnitten werden könnte. Reel FX (The Book of life) ist keine Fox-Tochter und die Peanuts-Rechte hatte Fox nur temporär für einen Film erhalten - bliebe noch ein eventueller zweiter Simpsons-Film oder eine x-tes Sequel um Alvin & die Chipmunks. Kurz gesagt wird sich Disney (tendenziell) mehr und mehr auf den Realfilm-Bereich verlegen. Zudem kommt, dass Lasseter Gerüchten zufolge auch nicht mehr lange den Posten des Animationschefs inne hält. Inwieweit unter solchen Bedingungen ein neuer Blockbuster wie Frozen zu erwarten ist, muss die Zukunft zeigen. Ich sehe da wie gesagt schwarz. (2) Dreamworks: Der Lizenz-Werdegang des Studios ist zu komplex, um ihn hier in Kurzform zu schildern, zumal es sich noch in einen Realfilm- und Animationszweig unterteilt. Ersterer ist nach dem 20Fox-Deal nun endgültig in der Hand Disneys - seit 2006 bestreitet Disneys TV-Sparte ABC bereits die Fernsehauswertung des Katalogs. Beim Animationszweig liegt der Fall etwas komplexer. Dreamworks selbst sicherte sich 2012 die Rechte am Katalog von Classic Media, welcher alte Kamellen wie UPA (Mr. Maggoo), Harvey Entertainment (Geist Caspar), Filmation (He-Man) und andere beinhaltete. Produktionstechnisch ist das Studio seit Februar nun endgültig eine Tochter von CMC Capital Partners (China), nennt sich nun Pearl Studio (vormals Oriental Dreamworks) und verwaltet die Distributionsrechte von Dreamworks Animation, welche sie ebenfalls 2012 von Paramount auf 20th Century Fox übertrug - der Vertrag läuft bis 2019, danach übernimmt voraussichtlich Universal das Paket um Shrek, Madagascar, Kung-Fu Panda, Drachenzähmen leicht gemacht, u.a. Damit würde sich Universal einen dicken Brocken an Land gezogen haben, um mit Disney weiterhin konkurrieren zu können. Deren hauseigene Franchise um Ich - einfach unverbesserlich und den beliebten Minions hatte den Konzern durch Illumination Entertainment auf einen Schlag aus einem Schattendasein an die vorderste CGI-Front befördert. Auch Pets und Sing (beide 2016) konnten gute Gewinne erzielen. Ein Distributions-Joint-Venture mit Dreamworks würde Universal somit auf dem Animationsmarkt in Augenhöhe mit Disneys bringen. Und was ist hier zu erwarten? Nach einer Adaption des immer wieder gern genommenen Themas um Mr. Seuss' Grinch 2018 (gähn) hat uns Illumination Pets 2, Minions 2 und Sing 2 angedro ... angekündigt. Dreamworks tat selbiges mit How to Train Your Dragon 3, Trolls 2, The Croods 2, The Boss Baby 2, Shrek 5, Puss in Boots 2 und Madagascar 4. Everest, die Geschichte um einen dimensionsreisenden Yeti, ist in näherer Zukunft der einzig originelle Film, der hier zu erwarten ist. (3) Warner war im Gerangel um die Gunst der Zuschauer immer schon der absolute Dauer-Verlierer. Trotz der immensen Lizenz-Sammlung an unzähligen Comic- und Cartoonhelden hat man es nie geschafft, im Kino auch nur annähernd ähnliche Erfolge einzuheimsen wie die Konkurrenz. Ein hauseigenes Studio wurde geschlossen, wieder eröffnet, geschlossen, wieder eröffnet usw. Bugs Bunny & Co. als späte Kinostars halfen da genau so wenig wie die Sackgasse des Motion Capturing Verfahrens. Mit Animal Logic ging man daraufhin einen direkten CGI-Weg ein, was in den 10er Jahren in den Lego-Movies gipfelte. Der erste davon landet in der ewigen Top 50 der Box-Office-Hits auf Platz 50 (wer weiß wie lange) - viele munkeln, dass der Erfolg nur auf den Star Wars Cameos im Film zurück zu führen sei. Natürlich wird es einen Star Wars Lego Movie unter Warner nie geben. Star Wars war mal Lucas, war mal 20th Fox und ist jetzt Disney. Dazu kommt Disneys nun gefestigte Marvel-Stellung, um Warners Filmgeschäft mit DC-Comichelden gehörig einen vor den Bug zu knallen. Was wurde für die Zukunft angekündigt? Neben zwei weiteren Lego-Filmchen sollen Scooby-Doo und die Jetsons bemüht werden. Man munkelt sogar von einem Space Jam 2. Smallfoot, die Geschichte um einen Yeti, der heraus finden will, ob es Smallfoots (Menschen) gibt, ist in näherer Zukunft ... moment, ich hab da grad ein ganz starkes Déjà-Vu Gefühl .... (4) Als Schlusslicht dümpeln
die beiden letzten großen Medienkonzerne hinterher. Paramount
hat von alten Cartoon-Lizenzen, Dreamworks-Lizenzen, Marvel-Lizenzen und
Lucas Industrial Light & Magic Lizenzen so ziemlich alles an die
Konkurrenz verscherbelt oder "abgetreten haben müssen sollen". Rango,
der 2011 noch einen Oscar einheimsen konnte, half da nicht, sich zu
langfristig profilieren. Was bleibt ist die wackelige Zusammenarbeit mit
Nickelodeon. Spongebob Schwammkopf 2004 ins Kino zu schicken und selbigen 2015 durch den Computer zu jagen war zumindest ein lukrativer Versuch, um nicht den Anschluss zu verlieren. Lebenserhaltene Maßnahmen an den Teenage Mutant Ninja Turtles oder "Warners" Motion Capturing mit Tim und Struppi fortzuführen,
ließen dagegen kaum Licht am Ende des Tunnels erkennen, eben so wenig wie die
leidige Entscheidung, Gnomeo & Juliet 2018 erneut ins Kino zu
bringen (Sherlock Gnomes). Ein neuer Schwammkopf-Film erwartet uns 2020. Walt Disney, bekennender Sequel-Hasser, klagte sich einst selbst an über zwei glücklose Fortsetzungen der Drei kleinen Schweinchen: "Man kann Schweine nicht mit Schweinen übertreffen." Dass ich die Zeittafel des animierten Films nach 2017 nicht mehr fortführen werde, habe ich unlängst angekündigt. Dies übertrage ich nun auch für CGI-Werke von Disney & Pixar - endgültig. Ob überhaupt noch ein Animationsfilm von 2018 und später in mein Archiv wandert, ist eine andere Geschichte, die hiermit nichts zu tun hat. Trotz der (momentanen?) Stilllegung des Hauses Ghibli wird das weite Feld japanischer Trickkunst auch weiterhin interessante Titel anbieten. Jedoch gibt es im Netz genügend Seiten, die im Animebereich sowohl allgemein als auch synchrontechnisch genügend Informationen anbieten können. Von 2007 - 2017 sind bislang 25 ins Deutsch transferierte Animes in mein Archiv gewandert. Die Anzahl von übersetzten Trickfilmen aus nicht-asiatischen Länder beläuft sich für diesen Zeitraum auf 19, davon alleine 5 aus Frankreich. Tendenz: stark fallend. Das Sterben der örtlichen Videotheken hat meinem Hobby primär einen neuen Kostenfaktor hinzu gefügt, mich sekundär aber auch dazu verdonnert, Filme immer später aufgreifen zu können, wenn sie für die breite Öffentlichkeit schon wieder uninteressant geworden sind. Ob sich angesichts dieser Umstände ein ständiges Up-to-Date meinerseits noch lohnt - auch das muss die Zukunft zeigen. (Niedergeschrieben als sonntägliche Gedankenentrümpelung, 11.2.2018) |
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